Die Reise nach Padua
untertitel | [Roman] |
original | - |
bibdat | Braun & Schneider | München [1958] Ln. m. SchU - 8° - 200 S. |
reihe | - |
verlags-nr | - |
umschlaggestaltung | Erich Hölle |
notiz | - |
nachweis / kat | INT | 000F |
"'Die Liebschaft Carel Ouds in Deventer endete unglücklich', notierte Jan Mabuse in seinem Arbeitskabinett. Er hatte alle Lampen eingeschaltet, weil der trübe Tag einen frühen Abend brachte. 'Carel Oud beschloß .., von neuem auf Wanderschaft zu gehen; er wurde zum Philosophen, der das Geld verachtete. Ein kluger Mensch, das wurde seine Überzeugung, braucht so gut wie nichts zum Leben. Sehet die Vögel unter dem Himmel an, sie säen nicht, sie ernten nicht, und unser himmlischer Vater ernährt sie doch!' Mabuse lehnte sich im Stuhl zurück: welch ein heiteres Naturell hatte doch dieser Landstreicher - und welch ein frommes Gemüt. So ganz aus der herrlichen Weite des Landes geboren, dieser Landschaft zwischen den Poldern, vom ewigen Hauch der See geschmeichelt. Leider hatte Carel Oud trotzdem vier silberne Löffel mitgenommen. Aber wo war der Mensch, der nicht Versuchungen erlag? Vor der Tür zum Arbeitskabinett ging auf leisen Sohlen Tina Mabuse vorbei; Dirk Terborch machte sich in der Küche zu schaffen: irgendwann einmal würde es ja noch eine Mahlzeit geben. Eigentlich wollte Tina ihren Mann fragen, wann das Abendessen fertig sein sollte, aber er wurde noch unfreundlicher als sonst, wenn man ihn bei seiner Arbeit störte. Das Haus hätte eigentlich ,Jans Ruh' heißen müssen. Frau Mabuse trat in den Garten hinaus, ein weißer Mief wehte jetzt von der See her. Drüben bei Doktor Bouts war im Erdgeschoß Licht. Wenn sie den Umweg über die Straße vermied, konnte sie in wenigen Minuten zurück sein. Vielleicht lag die Planke über dem schmalen Graben; Juliana war ja heute nachmittag erst drüben gewesen zu Besuch. Frau Tina Mabuse fand das schmale Brett noch an Ort und Stelle und durchquerte den Hendrick Boutschen Garten; die hintere Tür des Hauses war unverschlossen. Tina Mabuse durchmaß den Korridor, aus der Küche streckte Lydia Vlugt, die alte Wirtschafterin des ärztlichen Haushalts, den grauen Kopf heraus. Ja, der Doktor sei allein und studiere. Frau Mabuse klopfte an und trat ein. {Werbetext}